Vorläuferfähigkeiten

Der Eintritt in die Schule beziehungsweise das Erlernen der Buchstaben und der Beginn des Lesens und Schreibens ist nicht die Stunde Null des Schriftspracherwerbs. Bereits lange bevor Kinder in der ersten Klasse  systematisch das Lesen und Schreiben lernen, erwerben sie wichtige Vorläuferfertigkeiten. Dabei sind insbesondere die phonologische Bewusstheit sowie die Benenngeschwindigkeit von großer Bedeutung.

Durch Sing- und Klatschspiele, Lieder und Reime werden bereits in der Vorschulzeit die Grundsteine für den späteren Schriftspracherwerb gelegt. Der Umgang mit Sprache unabhängig von deren Bedeutung ist dabei die erste Voraussetzung. So müssen Kinder erkennen, dass Wörter nicht nur von der Bedeutung ähnlich sein können, sondern auch in ihrer lautlichen Gestalt.

So sind die Wörter "Tanne" und "Kanne" zwei sinngemäß vollkommen verschiedene Wörter, die jedoch eine sehr ähnliche lautliche Struktur haben und sich deshalb reimen. Genauso haben die Wörter "Elefant" und "Maschine" inhaltlich wenig gemeinsam, bestehen aber beide aus 3 Silben. 

Die Fähigkeit des Reimens und Silbenklatschens sowie des Reim-Erkennens bezeichnet man als phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne. Im Laufe der Vorschulzeit und der ersten Klasse entwickelt sich aus dieser die phonologische Bewusstheit im engeren Sinne. Diese bezeichnet die Fähigkeit, die lautliche Struktur eines Wortes genauer zu bestimmen.

In der Regel sind Kinder zwar vor dem ersten Schuljahr noch nicht in der Lage, alle Laute eines Wortes zu erkennen. Sie können jedoch bereits den An- und Auslaut eines Wortes sowie häufig auch markante Laute des Wortes bestimmen, einzelne Laute eines Wortes ersetzen, hinzufügen oder auslassen.

In diesem Sinne haben die bedeutungsmäßig verschiedenen Wörter "Müll" und "Maus" die Gemeinsamkeit, dass ihr Anfangslaut gleich ist, während "Opa" und "Sofa"  den gleichen Endlaut haben. 

Da die phonologische Bewusstheit sehr wichtig für den späteren Erwerb des Lesens und Schreibens ist, gelten Kinder, die in der Vorschulzeit diese Fähigkeiten noch nicht erworben haben, als Risikokinder für die spätere Ausbildung von Problemen beim Lesen und Schreiben.

 

Zur Verbesserung der Lesbarkeit und Übersichtlichkeit werden Zitate nicht im Text gekennzeichnet. Die Quellen finden sich zusammengefasst hier.